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Journalismus ist „Part of the Game“

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Wieso Leute wie Ö1-Redaktuer Andreas Jölli für die katastrophale politmediale Kultur in diesem Land genauso verantwortlich sind, wie die politischen Akteur/innen.

Niki Kowall

Sozialminister Hundstorfer hat bei einer Veranstaltung vor jugendlichen SP-Aktivist/innen im kleinen Kreis angemerkt, die Leute sollen ihre Großeltern zum Fernbleiben von der Volksbefragung überreden, wenn diese für die Wehpflicht seien. Offenbar Grund genug für das heutige Mittagsjournal (ab Minute 20), diesem bedeutungslosesten Ereignis des Jahrzehnts einen eigenen Bericht zu widmen: Gleich zu Beginn gibt Hundstorfer seine Bemerkung ohne Zögern zu und erklärt, es habe sich um eine launige Anmerkung im kleinen Kreise gehandelt. Bei der dritten von vier Nachfragen zu diesem „Nicht-Ereignis“ fragt Ö1 Redakteur Jölli Minister Hundstorfer, was das für ein demokratiepolitisches Verständnis sei, das er da vertrete? Hundstorfer bleibt ruhig und erklärt nochmals die Belanglosigkeit der Situation. Frage 4: „Das heißt das ist ihnen herausgerutscht, das war ein Fehler, ein Lapsus?“ Es scheint, als wollte Jölli sein Rollenspiel „moralischer Journalist und frevelhafter Politiker“ bis zum bitteren Ende spielen. Letztlich gesteht Hundstorfer einen kleinen Schnitzer ein, worauf sich Jölli endlich zufrieden gibt.

Wir sollten uns bewusst machen, dass die viel kritisierten Politautomaten, die hohle Sprechblasen produzieren, auch das Resultat von Befragungen à la Jölli sind. Daniel Kapp, der ehemalige Pressesprecher von Josef Pröll, auf dem Blog von Ingrid Brodnig: „Du turnst dich also von Interview zu Interview und versuchst, ja keinen Wurstsemmel-Sager abzuliefern – also keine achtlose Aussage, die dir wochenlang um die Ohren fliegt. Deswegen verwendest du eine unangreifbare, belanglose und inhaltsleere Floskelsprache, einfach um zu überleben.“ Wer Politiker/innen jede Form von Lebendigkeit, Witz, Spontanität, Flapsigkeit und Lockerheit rauben möchte, der mache es wie Jölli! Er spüre eine Fliege auf und skandalisiere sie zum Elefanten. Kapp: „Manchmal kommen mir Politik und Medien wie eine riesige Big-Brother-Show vor, in der jede Drehung und Wendung hysterisch analysiert wird.“

Offensichtlich agieren Politiker/innen nicht nur, sondern reagieren auch auf den spezifischen Charakter des gesamten politmedialen Komplexes. Sie sind dabei Treiber/innen und Getriebene, weil ihre PR-Leute genau das gleiche wie Journalist/innen denken, nämlich, dass dieses selbstreferentielle Medienspektakel das Wesen der Politik sei. Martin Blumenau hat kürzlich etwas Interessantes zu dem Thema gesagt, als er über Stronachs herrschaftlichen Umgang mit den Medien sprach: „Stronach tut nämlich etwas, was sich öffentliche Personen aus Politik, Wirtschaft oder Kultur sonst nicht trauen: er verortet die Medien im Spiel. Er outet sie als Mitspieler.“ Blumenau hat Recht, die Medien sind „Part of the Game“. Niemand der die Politik kritisiert sollte dabei den Tross aus Medien, Meinungsforschung, PR-Maschinerie und „wissenschaftlicher“ Politikberatung übersehen.

Wir leben mit einer Medienöffentlichkeit, der Sachfragen zu 80 Prozent schnurzegal sind (ja, in der Politk detto!) und die primär daran interessiert ist, ob es irgendwo einen Fauxpas, einen Kelch, einen Skandal oder sonst irgendeine negativ konnotierte News auszugraben gibt, über die man sich trefflich empören kann. Das Schlimmste: Erst wenn man sich selbst bei einem Thema zufällig auskennt, erkennt man wie substanzlos viele Artikel sind und wie wenig sie sich von den Plattitüden der Politiker/innen unterscheiden. Politiker/innen müssen sich von diesen Journalist/innen fast alles gefallen lassen, weil sie sonst von der veröffentlichen Meinung als arrogant, zugeknöpft, intransparent, aggressiv oder unausgeglichen abgekanzelt werden. Es wäre sehr befreiend, würden Politiker/innen aufhören, sich wie Kaninchen vor der Schlange zu verhalten, und die Öffentlichkeit stärker mit ihrer Persönlichkeit zu konfrontieren. Vielleicht meinte Stefan Petzner das, als er einmal unter Hohn und Spott sagte, es brauche mehr Raum für Gefühle in der Politik. Es fällt mir im petznerschen Sinne keine Nummer von Udo Jürgens zu dieser Thematik ein, aber bei Wolfgang Ambros könnte man fündig werden mit einer Hymne dafür, dass Politiker/innen auch einmal so sein dürfen wie sie sind. Und diese Hymne gefällt sicher auch dem Rudolf Hundstorfer, dessen launigem Wiener Schmäh ich diesen kleinen Artikel widme: „A Mensch mecht i bleiben.“

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